Arbeiten bis zum Umfallen – oder lieber gar nicht?
von Gerhard Hücker (Kommentare: 0)

Früher war Arbeit ein Versprechen. Heute ist sie für viele ein Problem.
Zwischen Burnout und Boreout, 4-Tage-Woche und Frühverrentung, Bürgergeld und Fachkräftemangel scheint sich die Arbeitswelt in zwei Lager zu spalten:
Hier die Leistungswilligen, die sich aufreiben – dort die Anspruchsbereiten, die den Rückzug ins Private längst zur neuen Norm erklärt haben.
Dabei ist die Frage, die über allem steht, eine zutiefst politische – und zugleich persönliche:
Was ist Arbeit heute eigentlich noch wert?
Von der Würde zur Zumutung
Es gab Zeiten, da war Arbeit gleichbedeutend mit Selbstbestimmung. Wer sich anstrengte, konnte etwas erreichen – nicht nur materiell, sondern auch gesellschaftlich. Heute hingegen begegnet man dem Begriff »Leistung« oft mit Skepsis, wenn nicht sogar mit offener Verachtung. Der Stolz des Schaffenden ist dem Lamento der Überforderten gewichen – und das in einer Gesellschaft, die mehr denn je auf produktives Miteinander angewiesen ist. Wie konnte es so weit kommen?
Wenn Arbeit sich nicht mehr lohnt
Das Narrativ der letzten Jahre ist schnell erzählt: Die einen arbeiten Vollzeit, zahlen Steuern, stemmen Sozialbeiträge – und fragen sich zunehmend, warum sich der Aufwand kaum noch rechnet. Die anderen leben vom Staat, und das nicht immer aus Not, sondern gelegentlich auch aus Bequemlichkeit. Die Grenze zwischen Hilfe und Hängematte verschwimmt.
Hier wird es ungemütlich: Denn wer das Leistungsprinzip aufgibt, riskiert mehr als nur wirtschaftliche Schieflagen. Er zersetzt das Grundvertrauen in die Gerechtigkeit des Systems – und damit den Kitt unserer Gesellschaft.
Der Mittelstand ruft – aber keiner hört zu
Besonders betroffen: die tragende Säule unserer Wirtschaft. Kleine und mittlere Unternehmen suchen händeringend nach Mitarbeitenden – und stoßen auf Desinteresse, Überforderung oder überzogene Erwartungen. Statt Anpack-Mentalität erleben sie Verhandlungsrhetorik. Statt Zukunftsmut: Rückzug. Kein Wunder, dass viele Betriebe nicht über Nachwuchsmangel, sondern über Nachwuchsverweigerung klagen.
Was hier auf dem Spiel steht, ist nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit – sondern die Idee von Arbeit als Gemeinschaftsaufgabe.
Technologie ersetzt keine Haltung
Natürlich verändern KI, Automatisierung und Digitalisierung unsere Arbeitswelt grundlegend. Aber wer glaubt, man könne sich durch Technik aus der Verantwortung denken, verkennt das Wesentliche: Zukunft entsteht nicht durch Tools – sondern durch Menschen, die sie mit Haltung gestalten.
Die Frage lautet also nicht: »Wie können wir uns Arbeit sparen?« Sondern: »Wie gestalten wir Arbeit so, dass sie Sinn stiftet – und die Gesellschaft trägt?«
Ein Plädoyer für die Mündigkeit
Arbeit ist mehr als Gelderwerb. Sie ist Ausdruck von Verantwortung, Teilhabe, Würde. Eine Gesellschaft, die den Wert von Arbeit relativiert, riskiert, auch den Wert des Menschen aus den Augen zu verlieren.
- Was wir brauchen, ist nicht weniger Arbeit – sondern mehr Ehrlichkeit.
- Mehr Anerkennung für die Menschen, die leisten.
- Mehr Eigenverantwortung für jene, die es könnten – aber nicht wollen.
- Und vor allem: eine Debatte, die sich traut, das Kind beim Namen zu nennen.
Ihr Standpunkt ist gefragt
- Diskutieren Sie mit uns und tragen Sie Ihren Teil zu dieser wichtigen Debatte bei!

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